Choreografie
einer
Landschaft

 

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Konzept

HINTERGRUND
Im Dinslakener Stadtteil Lohberg entsteht aktuell ein neuer Landschaftspark auf dem Gelände der ehemaligen Zeche Lohberg. Das kuratorische Konzept von Markus Ambach unter dem Titel „Choreografie einer Landschaft“ sieht die intensive Einbindung des heterogenen Umfelds des Parks und seiner Bewohner vor. Ziel ist es, in installativen wie skulpturalen, partizipativen wie sozial engagierten Projekten das Umfeld des Parks in ihn hinein zu spiegeln. Das Projekt verknüpft dabei in einer gemeinsamen Arbeit von Künstlern, Anwohnern, Freiraumplanern und Nutzern die fragmentierten Sequenzen der ehemaligen Industrieareale, Arbeitersiedlungen und Haldenberge zur „Choreografie einer Landschaft“, die wieder als eigener Lebenshintergrund erlebt werden kann und die Teilhabe der Bewohner, Nutzer und Gäste an ihr ermöglicht.

In einem umfangreichen Werkstattverfahren wurden künstlerische Projekte von Jeanne van Heeswijk, Britt Jürgensen und Marcel van der Meijs, Jakob Kolding, Folke Köbberling und Martin Kaltwasser und Thomas Schütte zur Realisierung ausgewählt.

Umbruch
Keine Region mußte sich so oft neu erfinden wie die zwischen Ruhr und Niederrhein. Durch die rapiden Veränderungen, die bis heute über das Land ziehen, entstand über die Jahrzehnte eine stark fragmentierte Landschaft aus Bruchstücken historischer Zeitzeugen, verbrauchter Industrieareale, zentrumsloser Halbstädte, urbaner Randlagen und renaturierten Restflächen. Die Lebensräume der Menschen sind weiterhin bestimmt vom Rückbau der Montanindustrie, die Landschaft zerfurcht von den Eingriffen des Kohlebergbaus. Eilig über die aufgelösten Stadt- und Arbeitsstrukturen geworfene Sanierungskonzepte sind oft an ihrer Totalität gescheitert. Sie hinterlassen Menschen oft als entfremdet von der eigenen Arbeit und Landschaft als Flickenteppich verbrauchter Utopien, die lose und unzusammenhängend nebeneinander liegen.

Für eine Kultur der Praxis
Wo der Raum sich als unzuverlässig erwiesen hat und den wechselnden Wirkungen von Politik und Ökonomie ausgesetzt ist, haben die Menschen in der Region eine Kultur der Praxis entwickelt, die sich durch höchste Flexibilität, Pioniergeist und Einfallsreichtum im Umgang mit schwierigen Lebenslagen auszeichnet. Wo der Satz "Alles wieder anders" Raumprogramm sein könnte, haben die Menschen eigene und ungewöhnliche Strategien entwickelt, sich in diesem Raum einzurichten und zu behaupten. Arbeitergärten und Clubheime, Nachbarschaftstreffen und Tunermeeting, Fußballkult und Kumpelsolidarität sind Zeichen einer Kultur der Praxis, die sich vielmehr an menschlichen Beziehungen und selbst entworfenen Handlungsstrukturen orientiert als an repräsentativen
Räumen. Mit dieser Kultur der Praxis hat die Region aus der Not eine Tugend gemacht. Das, was andernorts noch als Modell der dezentralen Stadtlandschaft oder als “Metropolregion” diskutiert wird, hat sich hier schon selbst installiert. Praxisorientierte, flexible Nutzung und Rückaneignung von Räumen, ein unendlicher Einfallsreichtum im Erfinden temporärer Lösungen und das zwanglose Wechseln zwischen Städten und Peripherien, Zentren und Randlagen sind hier Tagesgeschäft. Die Region erfindet sich täglich neu, gerade da, wo die alten Entwürfe in die Krise geraten sind. Damit lernt die Landschaft sich neu zu konzipieren: im Patchwork der Dekaden, in den spannungsreichen Nachbarschaften verschiedenster Größen.

Lohberger Realität
Der Ort
- Die Umgebung der Zeche Lohberg ist beispielhaft für eine solche Landschaft des Ruhrgebiets. Reste alter Naturlandschaft liegen unvermittelt neben verbrauchten Industriearealen, "arbeitslose" Arbeitersiedlungen grenzen an renaturierte Feld - und Wiesenlandschaften, Abraumhalden schaffen überdimensionale Maßstabssprünge zwischen Mensch und Landschaftsraum. Das ehemalige Zechengelände wird gerahmt von einer um die Jahrhundertwende erbauten Arbeitersiedlung im Gartenstadtstil, einer Agrikulturlandschaft mit Feld- und Viehwirtschaft, einer im weiteren Umfeld liegenden Seenlandschaft (Kiesgruben), die als Freizeitraum genutzt wird, den umfangreichen Haldenbergen und einem alten Forst.
Der zu Dinslaken gehörende Stadtteil Lohberg liegt räumlich durch einen schmalen Grüngürtel getrennt nordöstlich des Stadtkerns. Während Dinslaken den Eindruck einer idyllischen, niederrheinischen Kleinstadt vermittelt, erfolgt im Wechsel nach Lohberg ein Maßstabssprung. Die teilweise zu erhaltenden Industrieanlagen der ehemaligen Zeche Lohberg und die gewaltigen Haldenberge artikulieren klar ihre Zugehörigkeit zum Ruhrgebiet. So zeigt Dinslaken einerseits seine Nähe zum ländlichen Niederrhein und niederländischen Ambienten, andererseits stellt es sich gerne als Tor zum Ruhrgebiet dar.

Umnutzen statt resignieren: Neue Strategien für alte Räume
Die angrenzende Kiesgrubenlandschaft wurde längst zum informellen Freizeitpark Dinslakens umfunktioniert und in den alten Industriegebäuden der Zeche siedeln sich Kreative aus der Umgebung an, was auf die rege Umnutzung verschiedenster Räume verweist. Die intensive Nutzung der Strukturen der Gartenstadt Lohbergs zur Selbstversorgung durch zahlreiche Gärten, Hühnerzucht und Nutzpflanzenanbau speziell auch durch die vielen türkischstämmigen Einwohner fällt auf. Die Haldenlandschaft wird von Spaziergängern genutzt und hat bereits einen eigenen Jäger, der sich um die üppige Fauna kümmert. Die Kultur der Praxis, wie sie die Region auszeichnet, findet sich hier deutlich wieder und zeigt große Potenziale.

Lohberger Zukunft
Der Bergpark
- Die Schnittstelle alter und neuer Investitionen in diesen Raum stellt der neu geplante "Bergpark" dar. Er verbindet einerseits die südlich gelegene Arbeitersiedlung Lohbergs im Gartenstadtstil mit der nördlich des Werksgeländes gelegenen Haldenlandschaft, die sich teilweise schon jetzt als skurril renaturierte Industriebrache darstellt. Wo auf der einen Seite noch heute die ehemaligen Arbeiter des Werks mit ihren Familien in teils pittoresken Häusern mit großzügigen Gärten wohnen, führt der neu anzulegende Park kontinuierlich hinüber von der Kultur- zur Naturlandschaft. Zunächst mit Seeund Pavillonelementen gestaltet sieht das Konzept der Landschaftsplaner Lohrer|Hochrhein eine zunehmende "Verwilderung" vor, die nahtlos in den angrenzenden alten Forst und die Haldenlandschaft übergeht. In den Park sind alte bauliche Elemente wie der ehemalige Wasserturm und der "Rundeindicker" als Zeugen der industriellen Vergangenheit des Ortes, aber auch neue Möglichkeitsräume eingearbeitet. Westlich wird der Park durch eine neu zu errichtende Wohnanlage begrenzt, östlich durch das sogenannten "Kreativquartier", in dem in einer Mischung aus bestehender und neuer Architektur solche Gewerbe angesiedelt werden sollen, die sich kreativ mit Themen der Energie und mit Niedrigenergiestandorten auseinandersetzen, aber auch Künstler und lokale Protagonisten kreativer Berufszweige.

Kunstprojekte im Bergpark
Im Rahmen der Entwicklungsmaßnahmen soll in diesem Park entlang eines kuratorischen Konzepts zeitgenössische, kontextbezogene Kunst entstehen. Obwohl diese letztendlich dauerhaft im Park selbst realisiert werden soll, ist eine intensive Einbindung der Anwohner und des direkten Umfelds als letztendliche Nutzer vorgesehen.

Choreografie einer Landschaft
Das Konzept
Das Konzept "Choreografie einer Landschaft" nutzt die fragmentierte Landschaft im Umfeld des Parks als Ausgangspunkt und als Kontext des Projekts. Es strebt an, die Fragmente der zergliederten Landschaft wieder miteinander zu verknüpfen und als Choreografie erlebbar zu machen. In einer intensiven Auseinandersetzung mit dem Umfeld des Parks sollen künstlerische Arbeiten entstehen, die ihr Umfeld reinterpretieren und die entwickelte Choreografie in den Park hinein spiegeln. Dabei wird der Begriff der Landschaft räumlich und kulturell verstanden. Gerade die Bewohner dieses Raumes gilt es von den Potentialen ihrer Landschaft zu überzeugen, sie an ihrer Entwicklung teilhaben zu lassen und diese wieder als aktuellen Lebenshintergrund wahrzunehmen. Dazu ist es von Bedeutung, sie kooperativ in einzelne Projekte einzubinden. Darüber hinaus stellen sich Fragen zur zukünftigen Bedeutung von Geschichte, der Aktualisierung historischer Orte und ihrer Zukunftsfähigkeit. Fragen zur Beziehung von Stadt, Land und Peripherie
wie auch von lokalen und globalen Strukturen entstehen direkt aus dem Kontext. Künstlerische Arbeiten finden hier in historischen Materialien wie Bauwerken, aber auch in Erzählungen, Recherchen und Zeitzeugen einen komplexen Arbeitskontext. So werden installative wie kooperative, sozial engagierte wie skulpturale Projekte von Künstlern aus dem Kontext heraus entwickelt und parallel zum Bau des Parks zwischen 2012 und 2014 umgesetzt. Das Projekt verknüpft dabei die gemeinsame Arbeit von Künstlern, Anwohnern, Freiraumplanern und Nutzern mit dem Ort zur "Choreografie einer Landschaft", die die Teilhabe der Bewohner, Nutzer und Gäste an ihr ermöglicht und die Zukunft der Landschaft im globalokalen Rahmen neu diskutiert.

Rahmen und Perspektiven
Die Projekte werden begleitet von einem umfangreichen Programm und zukünftigen Entwicklungen. Während temporäre Projekte unter dem Titel "Lohberger Labor" bereits die Bauphase begleiten, diskutieren und an die Bevölkerung vermitteln, können sich die Projekte der "Choreografie" langsam im Raum entwickeln und akklimatisieren. Der großzügige Realisierungszeitraum von mehr als 2 Jahren erlaubt auch rechercheorientiertes Arbeiten. In Zukunft stehen weitere künstlerische Projekte zur Haldenlandschaft und der Umgebung des Bergparks auf der Agenda, die weit in die Zukunft reichen. Das Projekt versteht sich insofern als Zukunftslabor einer Landschaft, die sich im Prozeß der "Choreografie" selbst generiert und diskutiert.

 

 

 

 

   

 

map markus ambach projekte

     

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