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Andreas sIEKMANN
Woher die Kohle kommt und wer die Zeche zahlt

Konzepttext:
Y la plata & el último paga (Arbeitstitel)
Auf dem Gelände der Zeche Lohberg möchte ich eine dreiteilige Arbeit realisieren. Die ersten beiden Teile beziehen sich auf den Rundeindicker, der dritte Teil soll in Sichtweite auf der Halde stehen, so dass er in der Höhe in etwa gleich mit dem ersten Teil auf der
Oberfläche des Rundeindickers ist.
Der Titel der Arbeit heißt: Woher die Kohle kommt und wer die Zeche zahlt.
Bei meinen Recherchen zu Dinslaken wollte ich wissen, woher jetzt die Kohle für die benachbarten Kohlekraftwerke kommt. Neben Russland, Polen und den USA ist seit den letzten Jahren Kolumbien der wichtigste Importeur von Steinkohle. Der Einkaufpreis für 1 t Steinkohle beträgt in Kolumbien 15 Eur . ıOffizielle Statistiken des Landes verzeichnen in den vergangenen sechs Jahren knapp 500 Tote und 300 Verletzte bei Unfällen im Kohlebergbau. ... Bei Auseinandersetzungen, die in Zusammenhang mit der Kohleindustrie stehen, wurden nach Angaben der Bauernorganisation Ascamcat in den vergangenen fünf Jahren mehr als 10.000 Kleinbauern getötet und 130.000 zwangsumgesiedelt. „http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/energiebranche-der-fluch-der-kohle-1.1024027
Einheimische, die über diese Zustände berichten, werden oft mit dem Tod bedroht. Ich habe aus dem allen geschlossen, dass die Abwicklung der Region des Ruhrgebiets demselben Prinzip wie in allen Industriestaaten folgt. Sie geschieht nicht aufgrund veralteter Maschinen oder ausgeschöpfter Ressourcen, oder weil der industrielle Kapitalismus irgendwie zu Ende gegangen ist, sondern aufgrund des hohen Lohnniveaus und der Sicherheitsstandards, die Resultate von Arbeiterkämpfen waren. Im Steinkohleabbau in Kolumbien werden Gewerkschafter systematisch von paramilitärischen Truppen ermordet.
Es gibt keine Sicherheitsstandards. Die Kohle wird im Tagebau abgebaut, und man muss sich ein Gebiet von 150 qkm vorstellen, dass systematisch verwüstet und vergiftet wird.
Meine Arbeit behandelt die lokale "Deindustrialisierung„ in Dinslaken und versucht deren globalen Zusammenhängen und Bedingungen darzustellen. Dies tut sie durch eine Piktogrammsprache, die aus der Wiener Schule (Arntz und Neurath) der 20er / 30er Jahre stammt. Ich habe diese Piktogrammsprache in den letzten Jahren als Instrument zur
Darstellung komplexer wirtschaftlicher und sozialer Zusammenhänge weiterentwickelt.

1. Teil: Theatrum Mundi
Der erste Teil soll ein Theatrum Mundi sein, lebensgroße Figuren, die – auf Loren installiert – mit minimalen Bewegungen auf der oberen Fläche des Eindickers im Kreis fahren. Bis Ende des 19. Jahrhunderts gab es im sächsisch-thüringischen Raum eine Tradition der Volkskunst, die von invaliden oder entlassenen Bergleuten praktiziert wurde. Sie bauten
mechanisierte Figurentheater, das sogenannte Theatrum mundi. Diese Theater stellten neben Naturkatastrophen und Weltereignissen auch den ehemaligen eigenen Arbeitsplatz nach. Die Figuren waren auf Laufbänder montiert.
Die Figuren auf dem Eindicker sind in demselben grünen Farbton gehalten wie die ehemaligen Fördertürme. Sie sollen ein aktives Element sein, das das Industriedenkmal in Bewegung hält.

2. Teil: Piktogrammband
Der zweite Teil soll ein graphisches Band mit Piktogrammen sein, die die Figuren des Theatrum Mundi auf der Innenseite des Kreises begleiten. Dieses Band liefert eine visuelle Information zu den Tatsachen und Zusammenhängen von ıWoher die Kohle kommt und wer die Zeche zahlt„: Statistiken von Vertreibungen und Ermordungen, Umweltverschmutzung, Emissionshandel, Ressourcendiplomatie, Greenwashing, Codes of Conducts, Kohleausstieg und Wachsen des Imports, Protestbewegungen etc.

3. Teil: Ankündigungsschild
Auf der Halde, in Sichtweite des Eindickers soll ein großes Ankündigungsschild aufgestellt werden (ca. 10 – 15m lang), auf dem sich die Topografie des Ruhrgebiets mit der Topographie des Steinkohletagebaus der Provinzen La Guarjíra und Cesár überlagert. Das Schild kündigt an: Hier leistet sich die Ruhrkohle AG einen offenen Tagebau. Die Ruhrkohle AG bezieht über ihre 100 prozentige Tochter Evonik Kohle aus Kolumbien. Sie kauft u.a. bei den Schürfgesellschaften Xstrata, Glencore, Drummont, die für ihre skrupellosen Geschäftspraktiken bekannt sind. Die Firmen, die Kohle beziehen, werden auf dem Schild ebenfalls benannt.
Mit neuen Kohlefunden am Amazonas ist Kolumbien ein Hotspot für zukünftige Investitionen.

 

Beurteilung des Fachbeirats:

Andreas Siekmann
„Woher die Kohle kommt und wer die Zeche zahlt“

Der Entwurf „Woher die Kohle kommt und wer die Zeche zahlt“ von Andreas Siekmann hat den Fachbeirat besonders durch seine intensive Auseinandersetzung mit dem ehemaligen Bergwerk Zeche Lohberg und den bis in die Gegenwart reichenden Auswirkungen von dessen Schließung 2005 beeindruckt. Siekmann setzt in seiner Arbeit eine klare politische Stellungnahme und zeigt, dass Kunst im öffentlichen Raum ökonomische Themen kritisch reflektieren kann. Mit seiner komplexen Analyse der Auslagerung von Kohleförderung in andere Länder legt er den Finger in die Wunde, den die Umgestaltung und Umnutzung der Zeche Lohberg nicht kaschieren darf um glaubwürdig zu sein. Andreas Siekmann geht dabei durchaus plakativ vor, entwickelt aber aus einer Vielzahl an Figuren und Situationen eine komplexe Erzählung der konkreten Auswirkungen von Globalisierung auf diesen Ort und darüber hinaus. Bei aller Größe seiner Arbeit entwickelt das von ihm verwendete Motiv des Karussells in Zusammenspiel mit der Scherenschnitthaftigkeit seiner Figuren eine spielerische skulpturale Lösung.

Zur Realisierung empfohlen

 

   

 

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